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16. Juli 2016

Kleiner tragbarer Kasten

Im Dezember 2014 habe ich bereits den großen Gesangbuchkasten für die örtliche Kirchengemeinde vorgestellt. Dieser sollte von vornherein einen kleinen Zwilling bekommen, der für Gottesdienste in der Werktagskapelle eine kleine Anzahl Gesangbücher beherbergt und sich komfortabel dorthin tragen lässt, wo er benötigt wird. Im Sommer habe ich den Bau begonnen und kurz vor Weihnachten 2015 war er dann auch schon fertig... Wie heißt es doch so schön: Gut Ding will Weile haben.
Die Konstruktion ist sehr ähnlich zum großen Kasten. Es wird wieder Bucheleimholzplatte verwendet, die Eckverbindungen werden mit meiner Leigh gezinkt und die beiden Reihen Bücher werden durch ein eingenutetes Trennbrett in Reih und Glied gehalten. Der Zuschnitt war schnell erledigt und ab diesem Zeitpunkt lagen die Stücke erst einmal, da die Pinnwand zu diesem Zeitpunkt Vorrang hatte und im Anschluss daran die Uni ihren Tribut einforderte.

Entwurfsplan und zugeschnittene Einzelteile

Anfang Dezember 2015 habe ich endlich wieder Zeit gefunden und den Kasten fertig gebaut... oder besser gesagt, ich habe angefangen den Kasten zu bauen. Als erstes wurde die Zinkenverbindung gefräst. Das ging wie üblich mit der Leigh zügig von der Hand und ergab ein gutes Ergebnis. Ich würde an dieser Stelle gerne schreiben, dass es ein perfektes Ergebnis war, allerdings kämpfe ich immer noch mit einem systematischen Fehler in meinem Zinkenbild.
Im Beitrag zum ersten Teil der Zinkenfrässtation erwähnte ich bereits die Spalten an der linken Flanke der Schwalbenschwänze. Inzwischen bin ich den Gründen dafür nachgegangen und habe herausgefunden, dass die Kopierhülse meiner Fräse nicht zentrisch in der Fußplatte sitzt. Die selbstzentrierende, werkzeuglose Schnellaufnahme der Kopierringe in meiner Fräse ist grundsätzlich eine gute Idee. Leider besteht keine Möglichkeit bei Ungenauigkeiten das System zu justieren, sodass ich nach weiteren Messungen wohl gezwungen bin, dort selber Hand anzulegen. Jedenfalls führt die exzentrische Kopierhülse dazu, dass die Zinken und Schwalbenschwänze nicht die korrekten Breiten bekommen und so die kleinen Spalte entstehen... sehr ärgerlich.
Nichtsdestotrotz sind die Eckverbindungen ganz passabel geworden und ich konnte mich dem nächsten Schritt widmen. Der Boden des Kastens wird wieder in die Seitenteile eingenutet. Diesmal habe ich darauf geachtet, dass die Nut genau in einer Aussparung zwischen den Zinken liegt und ich nicht erneut so einen Aufwand betreiben muss, um den Boden an Ort und Stelle zu bekommen.

Über die Bankhaken meiner Hobelbank kann ich mich jedes Mal aufs Neue freuen. Sie spannen selbst bei kleinen Überständen über der Arbeitsfläche jedes erdenklich Stück Holz zuverlässig ein. Um die Zinken vor Druckstellen zu bewahren, habe ich Resthölzer zwischen Bankhaken und gezinktes Seitenteil gelegt. Das Fräsen der Nuten mittels Parallelanschlag war innerhalb von Minuten erledigt.

Gezinkte Seitenteile mit eingefrästen Nuten für den Boden

Damit der Kasten sich später leichter anheben lässt, bekommen die Seitenteile eine ovale Griffmulde. Dies habe ich zum Anlass genommen und mir eine Griffmuldenschablone gebaut. Sie kann entweder direkt mit einem Bündigfräser kopiert werden oder es kann alternativ für kleinere Griffmulden mittels Kopierring und unterschiedlichen Fräserdurchmessern die Größe der Öffnung variiert werden.
Das Vorgehen bestand wie üblich aus dem Vorschnitt der groben Aussparung mit der Stichsäge und dem anschließenden Nachfräsen der Verbindung mit dem Bündigfräser. Nach meinen bisherigen Erfahrungen beim Fräsen von Rundungen in Buche-Hirnholz habe ich nach der Hälfte der Griffmulde das Werkstück mit Schablone gedreht und auch den Fräser gewechselt. Somit war zu jedem Zeitpunkt gewährleistet, dass ich im Gegenlauf gefräst habe.

Fräsen der Griffmulden

Da die Unterseite später mit der Fräse nur noch schwer zugänglich ist, habe ich für die angenehme Haptik bereits jetzt eine kleine Fase an die Kante gefräst. Durch das eckige Erscheinungsbild des Kastens habe ich mich wieder für eine 45° Fase entschieden anstelle eines Radius.

Veredelte Kanten in der Griffmulde

Das Trennbrett in der Kastenmitte soll eingenutet werden. Für die gestoppten Nuten verwende ich meine gekürzte Führungsschiene. Beim Fräsen von Nuten sind mir die langen Führungsschienen mit 1400mm einfach zu unhandlich, weswegen ich eine Führungsschiene in ein 600mm und 800mm Stück getrennt habe. Diese kurzen Stücke verwende ich auch gerne für Kappschnitte mit der Handkreissäge.

Mit dem Führungsschienenadapter und meinen selbstgebauten Rückschlagstopps lassen sich so sehr präzise Nuten fräsen. Ich habe beide Seitenteile zusammengespannt und musste damit nur einmal die Führungsschiene und die Fräse ausrichten. Durch die bereits vorhandenen Nuten musste ich nicht einmal mit meinem Fräser eintauchen und konnte so vorab an einem Teststück die richtige Frästiefe ermitteln.

Einfräsen der Nuten für das mittige Trennbrett

Die Feder am Trennbrett habe ich auf meinem Frästisch hergestellt. Ich hatte mir schon vor längerer Zeit ein paar Fräsdorne und passende Scheibennuter mit Distanzringen gekauft, die ich nun endlich einmal ausprobieren wollte. Bei der Einstellung der Fräshöhe und -tiefe habe ich mir sehr schwer getan. Das lag zum einen daran, dass ich bereits eine Nutbreite (6mm Fräser) vorgegeben hatte und so die Kombination der Distanzringe zwischen den beiden Scheibennutern mit vielen Testfräsungen ermitteln musste. Zum anderen hatte ich mit den Unzulänglichkeiten meines alten Frästisches zu kämpfen. Der Winkelanschlag ist nicht so stabil wie ich es mir wünsche würde, der große Parallelanschlag ist nicht ganz gerade und die beiden verschieblichen Anschlagbacken liegen nicht genau in einer Flucht, sodass das Werkstück hinter dem Fräser an den Anschlag stößt.

Herstellen der Feder auf dem Frästisch

Bei dieser Aktion wurde ich mal wieder für meine Faulheit bestraft. Ich habe es immer noch nicht geschafft meinen Fräsanschlag mit einer oberen Absaugung auszustatten und ich wollte nicht für zwei Fräsungen den Frästisch vor die Tür schleppen. Deswegen habe ich in meiner Indoor-Wohnzimmer-Werkstatt gearbeitet. Das Bild zeigt nur einen Ausschnitt der Sauerei, die ich angerichtet habe und mir einen ausführliche Putzaktion danach beschert hat.

Die Sauerei danach

Nichtsdestotrotz habe ich passende Federn zustande gebracht. Diese wurden mit Bündigsäge und Stechbeitel anschließend noch abgesetzt, da ich die Nuten in den Seitenbrettern kürzer gefräst habe als das mittigen Trennbrett hoch ist. So lassen sich kleinere Ungenauigkeiten bei der Nutlänge einfach kaschieren. Um mir den späteren Zusammenbau zu erleichtern, habe ich mit meinem Einhandhobel die Kanten der Feder leicht angefast.

Anfasen der Feder für leichteren Zusammenbau

Nachdem ich bei meinen letzten Projekten mit Schwalbenschwanzzinken Probleme bei der Verleimung hatte, habe ich diesmal ein anderes Verfahren probiert. Ich habe zuerst nur drei Seiten des Kastens verleimt. Das hatte den Vorteil, dass ich mich nicht mit dem eingenuteten Boden und mittigem Trennbrett herumschlagen musst, und auch nur die halbe Anzahl von Zinken und Schwalben mit Leim zu bestreichen hatte. Da die Verbindung durch das Wasser im Leim aufquillt, brauchte ich durch die Zeitersparnis so weniger Kraft beim Zusammendrücken der Verbindung per Hand bzw. mit den Zwingen. Die Hoffnung war dadurch eine gleichmäßige und dichte Verbindung zu bekommen - es hat auch halbwegs funktioniert. Es gibt immer noch Optimierungsbedarf, aber es ging auf jeden Fall deutlich besser als die letzten Male.

Abschnittsweise Verleimung des Gesangbuchkastens

Im Anschluss an die Verleimung wurden wie üblich die ausgetretenen Leimreste entfernt und letzte Versätze in der Zinkung mit dem Schleifer egalisiert. Leider musste ich auch feststellen, dass das Klebeband zwar sehr zuverlässig Leimflecken verhindert, beim Abziehen aber die Holzfasern wieder aufstellt, sodass ich die eigentlich schon fertigen Innenseiten noch einmal bearbeiten musste.

Der verleimte und geschliffene Kasten

Nach der Schleiferei bekam der kleine Gesangbuchkasten wie auch sein großer Bruder eine Fase an die oberen Kanten angefräst. Im Bereich der Zinkung habe ich mich aus optischen Gründen dafür entschieden die Kante nur ganz leicht händisch mit Schleifpapier zu brechen.

Die fertige Eckverbindung im Detail

Abschließend bekam der ganze Kasten noch 3 Lagen Danish Oil mit 240er und 320er Zwischenschliff spendiert. Damit habe ich nun das letzte Projekt für die örtliche Kirchengemeinde fertiggestellt und kann mich wieder auf meine eigene Projektliste konzentrieren. Auf der Liste gibt es ein paar sehr alte Einträge, die endlich angefangen bzw. beendet werden wollen wie zum Beispiel die Zinkenfrässtation, der Umbau meines Fräsanschlages und vieles mehr. Ihr dürft also gespannt sein :)

Bestückter Gesangbuchkasten kurz vor der Übergabe








2 Kommentare :

  1. Hallo Tobi,

    dein Gesangbuchkasten sieht wirklich sehr sauber verarbeitet aus. Ich möchte mir einen ähnlichen Sortimentskasten aus Holz bauen. Soll zwar nicht für Bücher werden sondern für verschiedenes Werkstattzubehör. Werde mir deinen Kasten als Beispiel nehmen.

    Viele Grüße,
    Heiner

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  2. Wunderbarer Arbeit und ein guter Tipp für alle, die einen Kasten dieser Art brauchen. Muss ja nicht unbedingt für Gesangbücher sein. Dankeschön!

    Gruß Marco

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